Frauen ticken anders und Männer gar nicht – Leseprobe

Blindheit

Es wird immer behauptet, dass wir Frauen keinen Orientierungssinn hätten. Ich halte das für gelogen. Kürzlich saß ich gemütlich mit meinem Mann am Frühstückstisch. Das machen wir jedes Wochenende so.

Schatz, wo ist die Butter?“, fragte er mich. „Ach, die habe ich vergessen, die ist noch im Kühlschrank.“

Er stand auf und verließ den Raum. Nach ungefähr zehn Minuten hörte ich ihn aus der oberen Etage rufen: „Wo ist der Kühlschrank?“

In der Küche, Schatz!“, erwiderte ich ihm.

Ich hörte ihn, wie er durch das ganze Haus rannte. Von oben nach unten, einmal kurz auf dem Dachboden, und von dort aus wieder in den Keller, kurz noch durch das Esszimmer, raus in den Garten und weg war er.

Ich bekam von alledem nichts mit, bis es plötzlich an der Haustür klingelte. Dort stand mein geliebter Ehemann mit hochrotem Kopf.

Wo ist die Küche?“, schrie er mich hysterisch an.

Direkt neben dem Esszimmer, Schatz.“

Zur Vorsicht begleitete ich ihn.

Da war die gestern noch nicht. Du räumst immer alles um. Wie soll man da noch was finden?“, schrie er und schlug die Küchentür vor meiner Nase zu.

Derweil setzte ich mich ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher ein und sah mir die ungeschnittene Version von Krieg und Frieden an.

Kurz vor Schluss des Films öffnete sich die Küchentür.

Da ist keine Butter …“, rief mir mein geliebter Ehegatte zu.

Ich wusste genau, dass ich welche eingekauft hatte.

Ich ging in die Küche, vorbei an meinem siegessicheren Ehemann, welcher mittlerweile den ganzen Kühlschrank ausgeräumt hatte, und musste ihm recht geben. In der ganzen Küche war keine Butter zu finden. Ich schaute auch im Kühlschrank nach. Ratzeputz leer. Da war nichts mehr drin. In der obersten Etage, wo die Wurst ursprünglich mal platziert war, herrschte gähnende Leere. Genauso im Mittelfach und natürlich im unteren. Auch dort war alles leer, außer ein Päckchen Butter, was dort verlassen lag.

Das war gerade noch nicht da“, sagte er mittlerweile wieder etwas kleinlaut.

Ich muss meinen geliebten Ehemann an dieser Stelle ein wenig in Schutz nehmen. Fairerweise muss ich erwähnen, dass er die Butter wirklich nur schwer erkennen konnte. Sie stand nicht gerade auf Augenhöhe, da waren schon zwanzig Zentimeter Unterschied.

Nunmehr war meinem geliebten Ehemann der Hunger auf Frühstück vergangenen. Konnte ich verstehen. Es war bereits später Nachmittag. Wir beschlossen, den Kühlschrank wieder einzuräumen und auswärts essen zu gehen, beim Italiener Luigi um die Ecke.

Ich machte mich kurz schick. Na ja, kurz ist bei uns Frauen immer ein wenig relativ. Ich fand so ein Candle-Light-Dinner sowieso romantischer. Und Luigi hatte schließlich immer bis Mitternacht geöffnet.

Hast du mein Portemonnaie gesehen?“, fragte mich mein geliebter Ehemann.

Ja, das ist in deiner Hose“, sagte ich ihm.

Wortlos verschwand er aus dem Wohnzimmer, ging hinauf ins Schlafzimmer, durchs Kinder- und Esszimmer, hinauf auf den Dachboden, hinunter in den Keller, raus in den Garten und wieder war er weg.

Diesmal dauerte es keine zehn Minuten, bis es an der Haustür klingelte. Davor stand mein geliebter Ehemann. Atemlos schnaubend stotterte er: „Wo ist meine Hose?“

Die hast du an, Schatz“, erwiderte ich ihm.

Kino

Hasi, lass uns doch mal wieder ins Kino gehen!“, rief meine geliebte Ehefrau beim Frühstück zubereiten aus der Küche.

´Hasi´ war gar nicht gut. Immer wenn meine geliebte Ehefrau mich ´Hasi´ oder auch ´Bärchi´ rief, war das ein schlechtes Zeichen.

Sie plante solche Angriffe natürlich generalstabsmäßig. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Das Kinoprogramm wurde bereits im Vorfeld über Wochen studiert, bis dann endlich die Premiere für die ultimative Liebesschnulze anstand.

Ja, Schatz, eine tolle Idee“, sagte ich wohl überlegt, denn jeder Widerstand war zwecklos. „Weißt du denn schon in welchen Film?“, fragte ich.

Natürlich wusste sie es, aber um den Schein zu wahren, wird erst ein wenig ausgewichen.

Och, ich wüsste da schon was“, säuselte meine geliebte Ehefrau.

Immer wenn die Frauen was wollen, dann reden die nicht mehr. Nein, die singen dann die Worte. Nur als Mann kommst du aus der Nummer nicht mehr raus. Schon beim Aufstehen fragt dich die geliebte Ehefrau wie man sich fühlt. Und verpennt, wie wir Männer dann noch sind, antworten wir mit: „Ouha – müde, aber gut.“ Da kannst du keine Grippe mehr vortäuschen.

Der neue Thriller mit Leonardo DiCaprio. Den möchte ich gerne sehen“, zwitscherte meine geliebte Ehefrau.

Och Schatz, das ist ja mal eine super Idee“, antwortete ich, scheinbar überrascht.

Ich war wirklich überrascht. Ja, wir reden tatsächlich von Leonardo DiCaprio. Dem Typen, der die Titanic in einem Tränenmeer absaufen ließ. Kate Winslet auf einer Holzplanke, Leonardo im Wasser und ich dachte nur: Mein Gott Junge, geh endlich unter.

Da fragt Kate ihn doch tatsächlich: „Ist es sehr kalt?“

Nein, ist nicht kalt. Gefühlte minus 20 Grad. Das ist nicht kalt.

Aber Leonardo hat wahrscheinlich daheim in der Gefriertruhe trainiert. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum er 15 Minuten brauchte, um endlich mal loszulassen.

Ich hätte aber auch losgelassen. Er im eiskalten Wasser und sie babbelt unglaubliche fünfzehn Minuten auf ihn ein, immer noch gemütlich sitzend auf dieser trockenen Holzplanke. Hat er gut gemacht. Besser nur 15 Minuten, als das ein Leben lang ertragen müssen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob die bemerkt hat, wie der abgesoffen ist. War ja auch egal. Kurz darauf kam ja direkt so ein Paddelboot mit jeder Menge straffen Matrosen. Ich bin mir bis heute unsicher, ob Kate wusste, dass sie neue Zuhörer hatte.

Was soll es, Hauptsache weg war die Titanic. Und immer noch heult alles im Kino und auf der Leinwand, einschließlich der Fische im Wasser.

Ich war froh, dass ich vorsorglich im Lichtspielhaus Gummistiefel kniehoch angezogen hatte. Selbst die Eisscholle schmolz und dachte, was sie da bloß angestellt hatte. Wenn sie das mal vorher gewusst hätte, wäre sie links oder rechts dran vorbei geschwommen. Uns Männern wäre einiges erspart geblieben.

Zurück zu meiner geliebten Frau.

Irgendwie merkte sie mir mein Unbehagen an. Den Weibern kann man ja auch nichts vormachen.

Das ist keine Liebesschnulze“, sprach sie leicht trotzig.

Klar, der Leonardo, der macht ja so etwas nicht mehr.

Einen Thriller mit Leonardo stelle ich mir ungefähr genauso authentisch vor, wie eine Komödie mit Angela Merkel.

Was blieb mir aber anderes übrig?

Nichts.

Jetzt sollte man aber nicht glauben, dass wir einfach abends ins Kino gehen. Nein, so einfach ist das nicht.

Man muss an dieser Stelle die Uhrzeit anmerken. Es war Samstag, wir hatten gefrühstückt, und es war nunmehr elf Uhr. Ich betone: elf Uhr!

Eine Frau, oder zumindest meine geliebte Ehefrau, geht nicht einfach ins Kino. Frauen stylen sich vorher und brauchen natürlich ein entsprechendes Outfit. Wir Männer sind da ja schon eher konservativ. Schuhe, Hose, Hemd. Passt. Mode? Gibt es da verschiedene Trends? Egal, falls es nicht passt, wird es wieder Mode.

Nicht so bei meiner geliebten Ehefrau. Durch ihr fundiertes Insiderwissen, was sie mir natürlich bei jeder Gehaltszahlung zuteil werden lies, kann ich mich mittlerweile als Modeexperten ausweisen, was Damentrends betrifft.

Jetzt aber schöpfte sie aus den Vollen.

Kinostyle“, zischte sie.

Was um Herrgotts Willen ist ein Kinostyle?

Kinostyle bedeutet bequeme Schuhe, die aber trotzdem peppig und passend zum Film sind.“

Na gut, passend zum Film kann ich mir noch bei Star Wars vorstellen, so mit einem gekreuzten Laserschwert an der Schuhspitze. Aber wie sieht das bei einem Pseudo-Thriller mit Leonardo DiCaprio aus? Vielleicht sowas mit einem Taschentuch an den Absätzen oder Kondom im Absatz.

In dem Moment sollte man auf keinen Fall widersprechen. Das artet nur aus.

Wir also ab ins Auto.

Ich wollte mich auf den Weg zum Deichmann in den nächsten Ort machen. Andernach, 8 Kilometer entfernt und gefühlte 200 Mode- und Schuhläden. Nicht aber mit meiner geliebten Ehefrau. Nein, nein, nein.

Ach Schatz, lass uns doch nach Bonn zum Deichmann fahren, der hat viel mehr Auswahl …“

Ja sicher. Das machen diese großen Ketten so. Die haben nicht überall das gleiche Sortiment. Nein. Genau da, wo meine geliebte Ehefrau wohnt, nehmen die immer die Hälfte der Schuhe aus dem Programm und fahren die in die Filiale nach Bonn.

Widerspruch zwecklos.

Na ja. Sie wollte ja sowieso erst in die Spätvorstellung. Welche, war aber noch nicht klar. Bedeuten konnte das die 20 Uhr-, 22 Uhr- oder auch die Null-Uhr-Nachtvorstellung.

Wir also auf den Weg nach Bonn – sind ja auch nur 60 Kilometer – ab in den nächsten Deichmann.

Und hier beginnt das eigentliche Drama für uns Männer. Wir warten.

Eigentlich warten wir ein Leben lang auf unsere Frauen. Am Anfang ist es immer so geil.

Nein, ich bin da ganz anders, ich schaue mir ein paar Schuhe an, und wenn mir die gefallen, kaufe ich die.“

Kennt Ihr wahrscheinlich, diesen Satz.

Okay, wahrscheinlich gefallen meiner geliebten Ehefrau die rund 2000 verschiedene Paar nicht. Kann ja sein.

Früher war ich so dumm und bin noch mit rein gegangen. Da haben wir Männer noch den Liebeskasper gemacht.

Heute bin ich da ein wenig schlauer und setze mich ins Auto, lese ein, zwei Bücher oder komponiere ein Lied.

Besonders lustig finde ich, wenn meine geliebte Ehefrau herauskommt und mir sagt: „Schatz, ein Paar war ja total schön, aber ich weiß nicht.“

Wie, ich weiß nicht? Dann kaufe sie doch!“, sagte ich.

Nee, ich weiß nicht. Lass uns doch noch woanders schauen!“

Das ist dann der Punkt, wo wir Männer in dieser schier unfassbaren Situation uns daran klammern, dass wir vielleicht die Abendvorstellung verpassen.

Wohlweislich nehme ich mir zu solchen Einkaufserlebnissen immer eine spannende Lektüre mit, wie die 24-bändige Enzyklopädie des Wissens. Ganz durch bekam ich sie noch nie.

Ich habe keine Ahnung, in wie vielen Märkten wir noch waren, bis sie letztendlich zu der Erkenntnis gelangte, dass die ersten Schuhe doch die besten waren. Das kennen wir Männer ja wahrscheinlich alle. Und das ist auch der Hund begraben. Es gibt einfach zu viele Frauenschuhe. Die können sich nicht entscheiden.

Wisst ihr noch, wie das bei uns Männern früher war? Wir kamen in einen Schuhladen, ein unmotivierter Mitarbeiter fragt uns, wie der Schuh sein soll.

Tach, schwarz oder braun?“

Und das war es. Mehr brauchten wir nicht. Drei Monate später nahm man vielleicht dann mal den Braunen.

Aber bei den Frauen? Geht gar nicht. Da kommt die Verkäuferin höchst emotional und bis in die Spitzen motiviert angerannt und dann wird stundenlang gefachsimpelt. Da verstehen wir Männer überhaupt nichts mehr. Absatzlänge, Pumps, High Heels, Outdoor, Sneaker, Stiefeletten und so weiter …

Und das Beste zum Schluss: „Oder wollen sie zum Anlass lieber aus unserer neuen Kinostyle-High-Heels-Kollektion wählen?“

Da ist es dann vorbei.

Egal, sie hat was gefunden, und diesmal sogar in Rekordzeit. Wir hatten tatsächlich erst 17 Uhr. Fahrzeit abgezogen, schlappe fünf Stunden. Es scheint, als läge ihr da wirklich was an diesem Liebeskasper DiCaprio.