Wie man Denken überleben kann
Alleinsein ist nicht Nichtsein, aber ganz bestimmt auch nicht In-Gesellschaft-Sein, wenngleich es ausgerechnet in Gesellschaft möglich ist, alle möglichen Teile des eigenen Seins in der Welt zu reflektieren. Nichtsein aber ist in jedem Fall Nicht-Dasein = Tod. Was ist eigentlich, wenn jede Handlung, wenn jeder Gedanke unausweichlich ins Nichts führt? Was ist dann Leben? Aaron denkt. Aaron geht hinaus, beobachtet und probiert. Alles. Und zwar wahrlich virtuos, mit Freude und Hingabe.
Die Novelle des Allgäuer Autors Max Halder, soeben erschienen im Leipziger EINBUCH Buch- und Literaturverlag, ist kein gewöhnliches Buch. Was den Verfasser dieser ja eigentlich der zur Information zum Produkt verpflichteten Pressemitteilung dazu veranlasst, diese Verpflichtung weitestgehend sausen zu lassen und sich stattdessen der Frage zu widmen, wer denn dieses Buch lesen möchte, wer von diesem Buch für sich persönlich profitiert. Da es sich um einen klugen Text handelt, der gewollt beiläufig auch gesellschaftliche Fragen unserer Zeit aufgreift, weil Aaron – Held des Textes – einfach alles aufgreift, berührt, was ihn berührt, ist es wohl ein Buch für kritische Geister, für Leute, die hinterfragen, die das Gefühl haben, dass hier etwas zumindest nicht so ganz richtig ist, und die durchaus auch Angst haben. Angst davor, dass möglicherweise nicht mehr allzu viel Zukunft übrig ist. Dennoch ist der Text überwiegend von Fröhlichkeit getragen und bisweilen sogar lustig. Und kein bisschen pessimistisch. Der Leser oder die Leserin (oder beide zusammen – gerne auch Leser und Leser oder Leserin und Leserin bzw. Leserin und Leser) wird also eine gewisse Art von Humor haben, der/die ihn/sie in die Lage versetzt, trotz aller Angst machenden Ereignisse (zu denen auch das Leben selbst zählt) eine große Freude an dieser Welt zu empfinden. Und, wer immer den Stubenvirtuosen liest, wird klug sein, so stellt es sich der Verfasser dieses Textes hier vor. Denn Aaron ist klug. Aaron ist Wissenschaftler. Chemiker, um genau zu sein. Aaron kann Substanzen herstellen, die die meisten anderen noch nicht einmal aussprechen können. 2,5-Dimethoxy-4-methylamphetamin oder auch C12H19NO2 für alle, die das verstehen. Neugierig könnte, wer immer den Stubenvirtousen liest, also auch sein. Hatten wir das schon? Ist das die erste Wiederholung? Was ist eigentlich eine Wiederholung? Ist es überhaupt möglich, etwas wieder zu holen, und warum sollte man das überhaupt wollen? Und vielleicht ein klein wenig erfahren mit Drogen. Aaron jedenfalls nimmt das Halluzinogen, verlässt seine Studierstube und weiß viel zu gut, was er da tut.
„Und auch in diesem jüngsten Fall der Phasendurchmischung, als er durch die Tür gegangen war, musste es aufgefallen sein, kafkaierte Aaron, die Phasengrenze musste klar erkennbar gewesen sein. Nur die Volumenverhältnisse deuteten auf ein Ungleichgewicht: Denn egal, wohin er aus seinem Tröpfchen heraus sah, überall war die Phasengrenze sichtbar für ihn … Die Konstitution wird, Gott bewahre, nicht identisch sein, doch die Unterschiede sind so minimal, dass Korpuskel ungehindert von der einen Phase in die andere treten. So musste es sein. Die Scheiße kann also ungehindert eindringen, dachte Aaron. Nur loswerden musste man sie auch wieder, die Scheiße. Schamanen von einst können uns ein Lied davon singen.“
Aaron ist nicht allein, ist nicht nichts und vor allem irgendwie glücklich.
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539 Wörter; 3625 Zeichen