Vom Onkel missbraucht und weggeworfen
Die Aufarbeitung eines schweren Kindesmissbrauchs und der steinige Weg, eine ganz normale Frau zu sein
Maja Marlen Hope ist eine ganz offensichtlich lebenslustige, sehr hübsche und weltoffene junge Frau. Maja Marlen Hope scheint immer zu lachen. Es ist leicht sich vorzustellen, dass es ihren Freunden und überhaupt Menschen in ihrer Gegenwart gut geht. Warum sollte das auch nicht so sein?
Nun vielleicht, weil man das nicht so erwartet, wenn man ihr Buch ´Vom zersplitterten Spiegel zum bunten Mosaik´ gelesen hat – lassen wir uns doch allzu leicht von gesellschaftlichen Erfahrungen und Urteilen beeinflussen, die uns immer wieder sagen, dass Menschen die Unfassbares erlebt haben, Leid, nicht lachen oder fröhlich sein können. Falsch.
Maja Marlen Hope hat ein Buch geschrieben, ein Buch über sich und was Unfassbares sie schon als kleines Kind erlebt hat, erleben musste, wie sehr sie das ihr Leben lang, bis hier her verfolgt, krank gemacht und oft sogar fast getötet hat. Es ist ein Buch über den schweren und langen Weg der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. Und auch hier leitet uns unsere gesellschaftliche Erfahrung fehl, führt uns vollkommen in die Irre. Glauben wir doch, dass auch schwere psychische Traumata sich ähnlich wie eine Grippe mit ein paar Besuchen beim Arzt, viel Ruhe und der richtigen Medizin relativ schnell heilen lassen. Wieder falsch.
Und Maja Marlen Hope erzählt in ihrem Buch, wie beschwerlich dieser Weg wirklich ist, wie scheinbar unüberwindbar die Hindernisse, die sich da in diesen Weg stellen, Berge. Und sie erzählt uns ganz vorsichtig, was ihr zugestoßen ist. Maja Marlen Hope wurde missbraucht, als kleines Kind schon, von ihrem Onkel. Es begann als sie vier Jahre alt war und es beginnt so schleichend. Man sieht beim Lesen dieses Buches dieses kleine Mädchen förmlich vor sich, wie es an der Hand des geliebten Onkels durch ein Haus irgendwo in der Steiermark geführt wird, wie es sich wohl fühlt und ihm vertraut, und muss doch mit Schrecken erfahren, wie dieser Onkel das Vertrauen dieses kleinen Mädchens aufs Schlimmste missbraucht, wie er es vergewaltigt, diese Kinderseele zerstört, wie er das immer wieder tut, über Jahre, bis das Mädchen kein Kind mehr und für ihn sexuell uninteressant ist, verbraucht, und wie er sogar andere Männer mitbringt, die sich an diesem Missbrauch beteiligen.
Die lebenslustige, sehr hübsche, weltoffene junge Frau, Maja Marlen Hope, erzählt ihre Geschichte sehr reflektiert, erwachsen, sogar ein bisschen distanziert. Aber das muss wohl so sein, denn man erfährt in diesem Buch noch so viel mehr. Es erzählt nämlich auch die Geschichte danach, eine Geschichte über eine Gesellschaft, die die Täter nicht bestraft, ja sogar schützt, und die Opfer so immer tiefer in das Opfersein drängt. So ist Maja Marlen Hope gezwungenermaßen ein Pseudonym, das sie braucht, um sich vor möglichen Prozessen zu schützen. Denn natürlich konnte man dem Onkel, einem ehemaligen österreichischen Spitzensportler, dessen Namen sich die Autorin aus Angst vor juristischen Repressalien nicht traut im Buch zu nennen, die Schuld niemals gerichtlich nachweisen.
Wie denn auch, fragt man sich beim Lesen des Buches und verzweifelt mit der Autorin an unserem Rechtsstaat, der die Unschuldsvermutung als sein Heiligtum sieht und natürlich einem angesehen Mitglied der Gesellschaft, dem berühmten Onkel, mehr glaubt als einer Frau, die Ungeheuerliches zu berichten hat; wie soll diese Frau das Geschehene nur beweisen, wenn niemand das wahrhaben will? Wie sehr uns alle doch unsere gesellschaftlichen Erwartungen und Vorurteile beeinflussen.
´Vom zersplitterten Spiegel zum bunten Mosaik´, das Buch von Maja Marlen Hope, ist beim Leipziger EINBUCH Buch- und Literaturverlag erschienen und ist bei Bücherfairkaufen.de im Internet bestellbar.
Honorarfreie Verwendung, Beleghinweis erbeten,
585 Wörter; 3825 Zeichen